„Schmerz ist immer eine individuelle Empfindung“

Im Rahmen eines Pilotprojektes der Deutschen Schmerzgesellschaft hat das DRK-Seniorenzentrum Garbsener Schweiz als erste Pflegeeinrichtung in Norddeutschland das Zertifikat zum Qualifizierten Schmerzmanagement in der vollstationären Altenhilfe erhalten.

Heike Trapp, Qualitätsbeauftragte, und Dietrich Meer, Heimleiter, suchen den richtigen Platz für den Aushang des erworbenen Zertifikat

Initiator zur Teilnahme war Heimleiter Dietrich Meer, der sich seit vielen Jahren mit dem Thema Schmerz beschäftigt. „Ich fand das Thema schon immer sehr interessant und habe 2010 eine Weiterbildung zur Schmerzfachkraft absolviert, die ich in den folgenden Jahren noch vertiefte. Dabei fiel mir auf, dass es im Bereich Schmerzmanagement für Menschen in Pflegeeinrichtungen noch sehr viel Nachholbedarf gibt“, fasst der ausgebildete Intensiv- und Anästhesiefachpfleger zusammen. Deshalb sei es für ihn selbstverständlich gewesen, sich an diesem Pilotprojekt zu beteiligen.

Heike Trapp, Qualitätsbeauftragte im DRK-Seniorenzentrum, war von Anfang an von dem Projekt überzeugt und gemeinsam mit den drei Pflegefachkräften Sahra Kulawinski, Nancy Uhde und Ducan Djuricic betreute sie seit April 2019 die praktische Umsetzung. „Wir sind alle sehr stolz darauf, dass wir Mitte Oktober nun unser Zertifikat erhalten haben und sehen jeden Tag, dass professionelles Schmerzmanagement eine große Wirkung auf unsere Bewohner hat“, so Trapp. Arbeitsabläufe wurden angepasst, das Schmerzmanagement ist ein Teil des Pflegealltags geworden und nun fester Bestandteil im Qualitätsmanagementsystem. „Zum Schmerzmanagement gehören ganz viele kleine Teile, die alle ineinander greifen. Alle unsere Bewohner, derzeit sind es 94, werden regelmäßig anhand eines standardisierten Musters befragt. Doch oft ist es noch viel wichtiger, die Menschen zu beobachten. Werden Bewegungen schwieriger, gibt es neue Einschränkungen in der Beweglichkeit – auf diese Dinge achten alle jetzt mehr als vorher. Schmerzen sind eine ganz individuelle Empfindung, jeder nimmt Schmerz unterschiedlich wahr. Viele Menschen scheuen sich davor, über Schmerzen zu sprechen oder können es vielleicht gar nicht mehr, weil sie eine dementielle Erkrankung haben. Daher ist es ganz wichtig, dass wir einfühlsam sind und unsere Aufmerksamkeit auf jeden Einzelnen richten“, erklärt Meer. Viele Komponenten tragen dazu bei, dass Schmerz erträglicher wird oder bestenfalls ganz verschwindet. Das können physiotherapeutische Übungen sein, optimal auf die Beschwerden abgestimmte Medikamente oder sanfte Massagen. „Wir nehmen die Menschen ernst, nehmen Schmerzen niemals als unvermeidbar hin. Sondern gucken immer individuell, wie dem Einzelnen bestmöglich geholfen werden kann. Wir nehmen uns die Zeit, hören zu und das bewirkt schon sehr, sehr viel“, ist sich Trapp sicher.

Die Projektbeteiligten Fachkräfte geben ihr erworbenes Wissen an Mitarbeitenden weiter und in dem entstandenen Handbuch sind alle Informationen gebündelt. In drei Jahren wird es eine Rezertifizierung geben. „Und bis dahin werden wir sehr viel gelernt haben in der praktischen Anwendung. Wir entwickeln uns im Rahmen des Schmerzmanagement kontinuierlich weiter und alle sind mit viel Engagement dabei. Trotz oft hoher Arbeitsbelastung im Pflegealltag, das finde ich einfach großartig. Wir sind jetzt Teil eines großen Netzwerkes von Schmerzspezialisten aus dem medizinischen und pflegerischen Bereich. Durch den Austausch und das große Fachwissen profitieren wir alle“, so Meer.