„Familie sind nicht nur die Eltern sondern auch die Verwandten im Herkunftsland“ - Verein baobab informiert Mittelfelder Organisationen

Die Stadtteile Mittelfeld und Wülfel sind in Hannover für ihre kulturelle Vielfalt bekannt. Ende Februar trafen sich Vertreter lokaler Bildungs- und Beratungseinrichtungen in den Räumlichkeiten der DRK-Sozialen Dienste, um sich über Familiensysteme und Erziehungsstile afrikanischer Familien zu informieren. Als Experten standen ihnen Kass Kasadi, Geschäftsführer des Vereins baobab zusammensein e.V., und Aisha Ahmed, Projektleiterin von Mouharaba – Kampf gegen die weibliche Genitalverstümmelung, zur Verfügung.

Im Stadtteil ist der interkulturelle Umgang alltäglich. Familien zahlreicher Nationen sind in Kindertagesstätten und Schulen vertreten. Daher folgten rund 25 Fachkräfte dem Angebot zum Austausch. „Uns geht es bei dem Treffen darum, Perspektivwechsel zu ermöglichen, um erfolgreiche Arbeitsbeziehungen mit unseren Klienten herstellen zu können“, erklärt Eva Mau, die das DRK-Projekt „Netzwerke für Bildungsintegration“ koordiniert. Die Strukturen zu verstehen sei ein wichtiger Teil, um auf die Bedürfnisse der Familien eingehen zu können. „Wenn wir Afrikaner über unsere Familie reden meinen wir nicht Eltern und Kinder sondern vor allem die älteren Verwandten, die überwiegend in den Herkunftsländern sind. Der Begriff Familie ist sehr viel größer gefasst als in Deutschland“, erklärt Kass Kasadi gleich zu Beginn seines Vortrags. „Erziehungsstile oder System hängt auch von der sozialen Schicht oder Klasse ab.“

Bei der Beratung der Eltern müsse man diesen erweiterten Familienbegriff daher im Hinterkopf haben. Auch würden die Kinder in ihrer Heimat oft von der Gemeinschaft erzogen, hier in Deutschland seien die Eltern plötzlich auf sich allein gestellt. „Diese Lücke zu füllen, Verständnis aufzubauen und gezielte Hilfe anzubieten ohne dabei Druck auszuüben, der oft mit Behörden assoziiert wird – das ist eine große Herausforderung, die wir nur gemeinsam angehen können“, so Kasadi. Im Kontakt zwischen Familien und Fachkräften bedeute das konkret: „Ein Gespräch ist nicht impersonell. Die Bindung ist wichtiger als der Fall.“ Durch die gezielte Unterstützung der Frauen und Kinder sowie die Aufklärung über ihre Rechte könne dann auf die nachfolgende Generation im Sinne einer erfolgreichen Integration eingewirkt werden.